Ein mit Sensoren gespicktes T-Shirt wird uns sagen, wenn unsere Herzfrequenz nicht stimmt, wird die Daten automatisch dem Hausarzt übermitteln, der uns unverzüglich zum Termin einbestellen wird. Science fiction oder bald schon Realität? Jörg Heynkes ist sich sicher, dass ein solches Szenario in nicht allzu ferner Zukunft keine Besonderheit mehr darstellen wird. „Zukunft 4.1 – die große digitale Transformation“ ist sein Thema, über das er bei der Arbeitsgeberveranstaltung der KVA spricht. Kurzweilig, interessant, spannend, aber auch ein wenig beängstigend ist sein Referat, wenn er betont, dass uns die Digitalisierung wie ein Tsunami treffen wird, dass sich die Welt in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn Jahre rasant verändern wird in einer Art und Weise, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.
Die digitale Transformation ist natürlich auch Thema im Landratsamt. „An dieser Transformation muss auch ein Landrat arbeiten“, sagt Manfred Görig, der die nahezu 100 Gäste der KVA-Veranstaltung begrüßt. Er nennt als ersten Punkt die Verlegung von Glasfaser in jedes Dorf. „Wir haben ein 22-Millionen-Projekt auf die Schiene gebracht, bis Ende 2021 werden alle versorgt sein.“ Als weiteres Beispiel führt er das Online-Zugangsgesetz an. Alle Dienstleistungen der Verwaltung sollen online gestellt werden, bei der Fahrzeug-Zulassung ist das jetzt schon möglich, aber viele andere Bereiche müssen folgen. Vieles – auch im privaten Bereich - hat sich schon verändert, sagt Landrat Görig im Rückblick. „Die Geschwindigkeit wird sich ändern, das, was undenkbar war, wird kommen. Und es muss sich auch ändern, denn die Welt schaut auf uns.“ Klimaschutz ist ein Stichwort. Es wird in Zukunft darauf ankommen, innovativ und ressourcenschonend zu produzieren, „dann kann uns diese Aufgabe auch gelingen“. Der Landrat abschließend: „Die Frage wird sein: Welches Land bekommt die Transformation am besten hin? Dieses Land wird der Gewinner sein.“
Auch Referent Jörg Heynkes spricht von „Gewinnern und Verlierern“. Verloren haben schon einige Branchen. Früher gab es Fotoapparate mit Rollfilm, es gab die umfangreichen Lexika-Sammlungen oder Stadtpläne. Heute ist das alles im Smartphone. „Steve Jobs hat die Welt verändert“, sagt Heynkes. Ebenso Amazon-Boss Jeff Bezos, der zudem „in den nächsten Jahren unzählige Branchen zerfleddern wird. Er wird das richtig gut machen. Er kann das.“ Auch Google wird, so der Referent, „in den nächsten Jahren unfassbare Dinge auf den Markt werfen“ und Facebook „wird jeden Tag größer werden“, hat der katholischen Kirche als größter Community längst den Rang abgelaufen.
Daten-Unternehmen sind heute die wertvollsten Marken der Welt. „Daten sind das Öl von heute. Daten sind die Basis für neue Produkte, für Fertigungen und neue Dienstleistungen. Daten sind der größte Schatz, den Sie in Ihrem Unternehmen haben“, sagt Heynkes an die Adresse der Vogelsberger Arbeitgeber gerichtet. Doch, was die digitale Plattform-Ökonomie angeht, „liegen wir seit 20 Jahren im Tiefschlaf“. Europa hat daran nur einen Anteil von drei Prozent, „das muss schleunigst verändert werden, sonst werden wir auf diesem Planeten keine Rolle mehr spielen“, mahnt Heynkes, „die Chinesen und die Inder überholen uns mit großen Schritten“.
„Hier geschieht die 4. Revolution und die müssen wir mitgestalten.“ Die wird auf allen Kontinenten parallel verlaufen, mit einer ungeheuren Geschwindigkeit, sie wird nicht so lange dauern wie die gravierenden Veränderungen davor und sie wird das „Ende der Dummheit“ markieren. Künstliche Intelligenz wird immer mehr Raum einnehmen, sie wird „Dinge möglich machen, die jenseits aller Vorstellungskraft liegen“, zeichnet Jörg Heynkes das Bild der Zukunft. Humanoide Roboter werden Arbeitskräfte ersetzen – sogar in Pflegeheimen. Sie werden sich mit dementen Menschen beschäftigen, sie werden die älteren Menschen animieren, genug zu trinken, Sport zu machen, sie werden ihnen etwas erzählen. „In fünf, sechs Jahren werden solche Maschinen im Alltag in Betrieb sein. Vielleicht zieht so ein Roboter auch bei Ihnen ein.“ In naher Zukunft „bekommen sie das Hauspersonal, das sie immer wollten“, der Roboter wird gar das Bier aus dem Keller holen.
Mehr noch: Die neuen Technologien werden uns sagen, wenn etwas mit uns nicht stimmt. „Damit können wir künftig Krankheiten ganz früh erkennen“, sagt Heynkes und nennt das eingangs erwähnte Beispiel des „sprechenden T-Shirts“.
Neue Technologien werden eingesetzt werden, um Lebensmittel für die rasch anwachsende Weltbevölkerung zu erzeugen. Und sie werden eine „intelligente Energiewende“ in Gang setzen. „Es wird Milliarden jährlich für den Mittelstand geben, statt für Oligarchen, Scheichs und Diktatoren“, sagt Heynkes, denn Energie wird unter anderem über Fotovoltaik erzeugt werden. Profitieren werden da unter anderem die Dachdecker, die die Anlagen auf unseren Hausdächern montieren. Auch für unsere Autos werden wir bald keinen Sprit mehr benötigen. „Im ersten Schritt wechseln wir vom Antriebsmotor auf den Elektromotor“, später wird es autonomes Fahren geben. „Wir werden nie wieder ein Auto kaufen“, zeigt sich der Referent überzeugt. Stattdessen werden Schwärme von Fahrzeugen unterwegs sind, die auf Knopfdruck angefordert werden und uns von A nach B fahren. „Von dem Tag an, an dem diese Fahrzeuge auf der Straße sind, müssen Sie nie wieder tanken oder Reifen wechseln.“ Die Schwarmmobilität wird den ÖPNV und den Individualverkehr vereinen.
Natürlich wird die technische Entwicklung vor dem Arbeitsmarkt nicht Halt machen. „Wir brauchen digitale Kompetenz“, denn die Veränderungsprozesse werden sehr schnell sein. Auch die staatlichen Systeme stehen laut Heynkes vor einem Umbau, der sich in den nächsten 20 Jahren vollziehen wird. Wichtig dabei: „Wir müssen die Menschen mitnehmen. Wir brauchen den Mut für Veränderung, dann werden wir lernen, mit den Risiken der Veränderung umzugehen.“
„Es wird ruppig“, formuliert Heynkes salopp, „aber die Chancen, die sich bieten, sind gigantisch“. Und er macht klar: „Es gibt keinen Weg zurück, es gibt nur einen Weg voraus in die Zukunft. Werden Sie alle Zukunftsmacher!“
Der Referent
Jörg Heynkes ist seit 1985 unternehmerisch in den Bereichen Medien, Eventmarketing und Projektentwicklung tätig. Er ist Inhaber und Geschäftsführer der „VillaMedia“ in Wuppertal und arbeitet als Berater in den Bereichen Innovation, Energie und Mobilität.
2016 gründete er die Firma „Entrance – Gesellschaft für Künstliche Intelligenz und Robotik“. Er beteiligte sich an unterschiedlichen Forschungsprojekten zu technischer und gesellschaftlicher Innovation und Transformation.
„Leben wieder in die Hand nehmen“
KVA stellt ihr Angebot bei Arbeitgeberveranstaltung vor
Die digitale Transformation wird unser Leben in ganz vielen Bereichen massiv verändern. Kreativität und Beratung aber werden auch in dem neuen Zeitalter nötig sein – und somit auch die Arbeit der KVA, die zu der Arbeitgeberveranstaltung eingeladen hatte.
„Das, was wir tatsächlich leisten, kommt oft viel zu kurz“, sagt René Lippert, der Leiter des Amtes für Soziale Sicherung. „Wir geben den Menschen Hilfe, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen.“ Was sich hinter dieser Aussage verbirgt, das haben Lipperts Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einmal zusammengetragen – an einzelnen Themeninseln können sich die Besucher der Arbeitgeberveranstaltung ein Bild über das umfangreiche Angebot machen.
„Unsere Kunden können sich nur selbst integrieren, aber das gelingt nur mit Ihnen“, appelliert Lippert an die Arbeitgeber, sich mit dem Arbeitgeberservice, der an dem Abend ebenfalls vor Ort ist, in Verbindung zu setzen.
„Ich habe häufig Menschen eingestellt, die Kunden eines Jobcenters waren, und ich habe unglaubliche positive Erfahrungen gemacht in der Zusammenarbeit mit den Coaches, aber auch mit den Menschen, die wieder eine Chance bekommen haben “, unterstreicht auch der Referent des Abends Jörg Heynkes.
(Bericht+Fotos: Pressestelle Vogelsbergkreis)